Die Beobachterin, eine Installation von Udo Rutschmann für die Moritzkirche, wird am Freitag, 28.4.2023 um 19.30 Uhr eröffnet. Die Veranstaltung ist öffentlich und Sie sind herzlich eingeladen. Das Kunstprojekt wird bis zum 24.6.2023 zu sehen sein.
EINEN SCHRITT ZURÜCK! – SICH AUFRICHTEN – WAHRNEHMEN
Liebe Besucherinnen und Besucher der Moritzkirche,
der Raum der Moritzkirche hat sich verändert - wesentlich. Udo Rutschmann, Künstler, Bildhauer, Zeichner, wurde eingeladen, sich Kirchenraum zu nehmen, uns herauszufordern.
Er hat uns beschenkt mit einer Beobachterin, mit „Der Beobachterin“ – einer, die Mittelachse des Hauptschiffs beanspruchenden, skulpturalen Installation.
Während ich diesen Text schreibe, eine Woche vor der Eröffnung, wird der zentrale Teil der Skulptur, der Wesenskern sozusagen, in eine eigens für sie konstruierte Transportbox verpackt. In der Woche vor der Eröffnung wird Udo Rutschmann in mehreren Nachtschichten die Installation fertigstellen. Auch wenn ich den Künstler über mehrere Jahre hinweg kennenlernen dürfen, Skizzen, Modelle zur Beobachterin gesehen und den Entwicklungsprozess begleitet habe, so wird die nächste Zeit eine große, überraschende Erfahrung sein, an der Sie, liebe Leser:innen, die Beobachterin bereits vor Augen, teilhaben werden.
Dem Raum, den Mann-Skulpturen dieser Kirche – insbesondere der Figur des Christus Salvator – wird ein Femininum gegenübergestellt: Die Beobachterin. Ein wahrnehmendes Wesen der Kunst, selbstbewusst mitten im Raum, ohne Forderungen, nur schauend – so stelle ich sie mir vor. Sie ist groß in ihrer Dimension, beeindruckend in ihrer inneren Kraft, aber filigran und verletzlich, fast transparent. Ein Körpernetzwerk wie ein hochsensibles Sensorium, Schwingungen wahrnehmend, in Resonanz antwortend.
Beobachten bedeutet einen Schritt zurückgehen, aus der Szenerie heraustreten, gleichsam von außen darauf blicken. So bietet die Kunst Supervisorisches: einen bewussten, hochkonzentrierten Blick auf das Wesentliche. Der Beobachterin gelingt dies, indem sie sich mitten in den Raum begibt – künstlerische Ambivalenz.
Für mich beginnt jetzt der schönste Zeitraum, den ein künstlerischer Prozess zu bieten hat. Wenn sich all die Planungen, die Phantasie des Künstlers, die Vorstellungen in den Raum der Wirklichkeit begeben und gänzlich Unerwartetes uns alle überraschen wird. Ich lade Sie ein, indem Sie den sakralen Kunstraum betreten,
einen Schritt zurückzutreten, sich aufzurichten, wahrzunehmen
A | 21.04.2023 Michael Grau